· 

Die Mitternachtsbibliothek

Spiegel Besteller Liste – unzählige Empfehlungen von allen Seiten – die Mitternachtsbibliothek findet man aktuell auf allen Ebenen des literarischen Diskurs. Ich bin mir sicher es gibt in diesem Bereich niemanden, der das Buch nicht zumindest einmal gesehen hat. Umso gespannter darauf war ich, es jetzt endlich selbst einmal zu lesen. So viel kann ich schon direkt zu Beginn sagen, es hat mich wirklich nicht enttäuscht!

 

Klappentext                 [Hugendubel.de]

Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.

Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?

Matt Haig ist ein zauberhafter Roman darüber gelungen, dass uns all die Entscheidungen, die wir bereuen, doch erst zu dem Menschen machen, der wir sind. Eine Hymne auf das Leben - auch auf das, das zwickt, das uns verzweifeln lässt und das doch das einzige ist, das zu uns gehört.

 

Es gibt sicher nicht viele Bücher, die damit beginnen, dass der/ die Protagonist*in sich selbst das Leben nimmt. Umso schwerer erscheint es, dieses ziemlich erste Ereignis des Buches nachvollziehen zu können. Matt Haig hat es geschafft, dass es mir beim Lesen dennoch genau so ging.

Auch wenn Nora mir erst im Laufe der Geschichte als Charakter so richtig klar wurde, hab ich mich direkt von der ersten Seite an mit ihr verbunden gefühlt. Doch genau diese Entwicklung auf der anderen Seite war es, die mir wiederum unfassbar gut gefallen hat.

Man steigt ein in die Geschichte, vielleicht etwas unsicher was so auf einen zukommen wird, und ist direkt mitten im Geschehen.

Kurz und knapp wird Noras Hintergrund erklärt und ohne, dass ich sie länger als fünf Seiten kenne, kann ich sie in ihrem Handeln und Denken nachvollziehen.

Jedes neue Leben, jede ihrer neuen Erfahrungen bildete einen Teil der Entwicklung ihrerseits, aber auch für mich als Leserin.

Insgesamt würde ich das Buch, hier eben insbesondere Struktur und Aufbau, als „Prozess“ beschreiben. Als Leser*in (zumindest von mir ausgehend) kommt so viel auf einen zu, ohne dass es jemals an einer Stelle „zu viel“ wird oder man sich an einer anderen langweilt. Man fühlt mit der Protagonistin, es ist beinahe als würde man ihre Leben mit ihr zusammen durchleben. Ein einziger Fluss und kein einziger ‚Bruch‘ beim Lesen – dieses Buch ist eine Entwicklung. Der Geschichte, aber auch der eigenen Person mit all den Dingen, die auf dieser Reise geschehen.

Die Handlung bzw. die Grundidee an sich fand ich einfach unfassbar toll. Ich kann es gar nicht besser ausdrücken, als dass es mich einfach nur fasziniert hat. Ich denke die Überlegung „was wäre, wenn“ spielt für uns alle immer wieder eine bedeutende Rolle. Und diese Idee mal weiterzudenken und umzusetzen, hat mich einfach begeistert.

Ich wiederhole mich an dieser Stelle wieder, wenn ich sage, dass mir dieses Buch über Noras Geschichte hinaus selbst einfach total viel gegeben hat.

Denn was mich eben besonders beeindruckt, bzw. was mich auch im Nachhinein mitunter am meisten begeistert hat, ist die ‚metaphorische Ebene‘ des Ganzen. Mir persönlich ging es beim Lesen so, dass mir die gesamte Mitternachtsbibliothek gar nicht so sehr wie Fantasy vorkam, als wie das ausgedachte/ fiktionale Produkt unser aller Leben. Denn wenn man über die Ebene der Geschehnisse hinaus auf die Bedeutungsebene geht, gibt mir dieses Buch persönlich noch einmal so viel mehr. Noras Erkenntnisse, ihre Gedanken und Wendungen, gebündelt durch das Konstrukt der „Mitternachtsbibliothek“ bedeuten auch mir für mein Leben etwas.

Dieser Gedankengang, der sich bei mir beim Lesen automatisch entwickelt hat, teilweise ohne dass ich es bemerkt habe, ist das, was mir auch Tage später noch im Kopf herumschwirrt.

Die Stimmung durch das Buch hindurch war einfach toll! Wie auch bei vielen anderen Aspekten ist es mir beim Lesen aktiv gar nicht so aufgefallen, aber vor allem im Nachhinein war da einfach wieder dieses schöne Gefühl.

Der Schreibstil, bzw. auch die Übersetzung von Sabine Hübner war einfach großartig. Ich würde sogar sagen, dass die Sprache einer meiner liebsten Aspekte war, angefangen bei den Kapitelüberschriften – ich bin einfach ein großer Fan vom Gebrauch schöner, besonderer und ausdrucksstarker Wörter!

Unter anderem durch die Sprache bedingt, war einfach durchweg ein absoluter Lesefluss vorhanden. Ich konnte und vor allem wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und hab es innerhalb von zwei Tagen durchgelesen.

Was ich hier unbedingt auch noch ansprechen muss, auch einfach, weil dieses Buch eben zentral davon lebt, ist die Suizid-Thematik, die in meinen Augen einfach unfassbar gut umgesetzt wurde! Es ist ein sehr sensibles Thema, das offen gesagt auch hätte schief laufen können. Doch es ist mir total leicht gefallen, Nora nachzuvollziehen, ich habe sehr mit ihr gefühlt. Matt Haig hat das Thema mit der nötigen Feinfühligkeit und Authentizität beschrieben; allein thematisch ein absolutes Highlight für mich an dieser Stelle!

 

Die Geschichte ist einfach zu einem absoluten Herzensbuch geworden! Ich mochte die Grundidee unfassbar gerne und die Umsetzung, insbesondere die sprachliche, war einfach wunderschön! Insgesamt meiner Meinung nach also vollkommen zu Recht auf allen Bestsellerlisten dieser Welt – wirklich große Leseempfehlung!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0